Bei einer Werkstattfertigung handelt es sich hinsichtlich der Fertigungsplanung und -steuerung um einen Fertigungstyp, bei dem die einzelnen Bereiche nach dem Verrichtungsprinzip, das heißt nach der dort durchgeführten Tätigkeit, strukturiert sind. In diesem Ratgeber werden die verschiedenen Merkmale, Anwendungsbereiche sowie Vor- und Nachteile einer Werkstattfertigung näher gebracht.
Anders als bei einer Fließfertigung beispielsweise, werden die Tätigkeiten bei einer Werkstattfertigung nicht im gleichen Maße standardisiert, zusammengefasst und integriert. Typisch ist auch eine Fertigungssteuerung für jeden einzelnen Werkstattbereich, welche häufig an ein übergeordnetes PPS-System angebunden sind.
Ein Vorteil der Werkstattfertigung liegt in der Flexibilität hinsichtlich der Kundenwünsche. Aufgrund der Spezialisierung in den einzelnen Werkstattbereichen, fallen für die einzelnen Mitarbeiter auch anspruchsvolle Tätigkeiten an, mit vergleichsweise niedriger Monotonie. Nachteile der Werkstattfertigung sein hohe Bestände und dadurch lange Durchlaufzeiten bei den Produkten. Die Werkstattfertigung findet vor allem im Handwerk sowie Werkzeug- und Sondermaschinenbau Anwendung.
Layout und Materialfluss bei der Werkstattfertigung
Bei einer Werkstattfertigung werden die einzelnen Aufgaben bei einem Herstellungsprozess in Teilbereiche, einzelne Werkstätten, unterteilt. Diese können beispielsweise folgendermaßen strukturiert sein:
- Fräserei
- Dreherei
- Bohrerei
- Schleiferei
- Montage
Übergreifend wird in der Regel eine zentrale Stelle eingerichtet, in der die einzelnen Fertigungsaufträge geplant und gesteuert werden.
Beispiel einer Werkstattfertigung
Ein Möbelunternehmen hat seinen operativen Betrieb mit einer Werkstattfertigung für Kleinserien folgendermaßen organisiert:
In der Werksatt 1 wird Holz unterschiedliche Möbelstücke entsprechend den Kundenaufträgen zugeschnitten. In der Werkstatt 2 erfolgt das Bohren, sowie Nuten und Pfalzen. In der Werkstatt 3 werden die einzelnen Teile geschliffen und lackiert. Jede Werkstatt wird von einem Meister geleitet. Die Arbeitsvorbereitung sowie Fertigungssteuerung erfolgt zentral.
Merkmale und verschiedene Formen der Werkstattfertigung
Bei einer Werkstattfertigung lässt sich die Herstellung von Produkten auf die individuellen Anforderungen und Spezifikationen des Kunden einrichten. Dadurch lässt sich eine kundenindividuelle Fertigung realisieren. Diese kann typischerweise
- rein als Auftragsfertigung (rein kundenauftragsbezogen) sowie als
- Einzelfertigung oder Kleinserienfertigung
erfolgen.
Bei einer Auftragsfertigung werden die einzelnen Tätigkeiten in den Werkstätten erst nach Freigabe des Kundenauftrags ausgeführt. Dadurch ist auch die Spezifikation des Fertigprodukts vom jeweiligen Kundenauftrag abhängig. Der Vorteil dabei aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist, dass in der Regel keine oder nur kleine Lager für Halb- und Fertigteile anfallen. Aufgrund der höheren Vorbereitungszeit, erhöhen sich bei einer kundenauftragsbezogenen Fertigung auch die Lieferzeiten.
Bei einer Einzelfertigung wird jedes Produkt nach den Kundenanforderungen einzeln hergestellt. Hingegen betragen die normalen Losgrößen bei einer Kleinserienfertigung bis zu 20 Stück monatlich. Bei beiden Varianten der Fertigung sind häufige Umrüstungen der Maschinen, viele Arbeitsschritte mit langen Bearbeitungszeiten und eine hohe Teilevielfalt typisch. Bei einer Werkstattfertigung sind außerdem möglich:
- Mittelserienfertigung mit bis zu 20 Stück im Monat
- Großserienfertigung ab 1.000 Stück pro Monat
Bei einer Massenfertigung werden Produkte in sehr großen Stückzahlen und oft ohne zeitliche Begrenzung hergestellt. Der Vorteil liegt insbesondere darin, dass die Fixkosten auf die hohen Stückzahlen aufgeteilt werden können und somit niedrige Teilekosten entstehen.
Unterschiede zu einer Fließfertigung
Bei der kundenauftragsbezogenen Einzel- oder Kleinserienfertigung ist sehr viel Anpassungsfähigkeit erforderlich, da die Produktion häufig für neue Kundenanforderungen umgestellt werden muss. Bei einer Fließfertigung wird die Aufteilung der einzelnen Arbeitsplätze nach dem Objekt-Prinzip vorgenommen. Hier werden also die einzelnen Arbeitsstationen räumlich entsprechend der aufeinanderfolgenden Fertigungsschritte angeordnet. Typisch ist hier eine Produktionslinie mit Fließband. Voraussetzung dafür sind abgestimmte Takt- und Bearbeitungszeiten und hochstandardisierte Arbeitsabläufe. Die großen Vorteile liegen in einem effizienten Materialfluss, kurzen Wegen ohne Zwischenläger, einer hohen Produktivität sowie kurzen Durchlauf- und Lieferzeiten.
Unternehmen, die von einer Werkstattfertigung auf eine Fließfertigung umstellen möchten, müssen zunächst Arbeitsabläufe integrieren und aufeinander abstimmen sowie standardisieren. Bei einer Einzel- und Kleinserienfertig muss daher die Machbarkeit überprüft- sowie Aufwand und Nutzen gegeneinander abgewogen werden. Bei Optimierungen von Werkstatffertigungen orientiert man sich häufig an den vorteilhaften Prinzipien der Fließfertigung, mit dem Ziel, diese wo sinnvoll zu übertragen, zum Beispiel bei der Reduzierung interner Wegstrecken und Transporte.
Vor- und Nachteile einer Werkstattfertigung
Vorteile:
- Hohe Flexibilität im Produktionsprozess
- Kundenspezifische Wünsche können z.B. bei der Auftragsfertigung umgesetzt werden
- Schneller Anlauf bei neuen Produkten möglich
- Einzelne Werkstätten sind hoch spezialisiert, gut ausgebildete Mitarbeiter
- Optimale Maschinenbelegung möglich
- Geeignet für kleinere wie auch größere Stückzahlen
Nachteile:
- Häufiges und langes Umrüsten der Maschinen
- Mitarbeiter müssen gut ausgebildet sein
- Hohe Durchlaufzeiten im Verhältnis zu den Bearbeitungszeiten
- Hoher Transportaufwand zwischen den einzelnen Werkstätten
- Hohe Lagerkosten und dadurch Bindung von Kapital
Hat dir der Beitrag gefallen?

Hat Wirtschaftswissenschaften an der Universität Kassel studiert.
Einzelunternehmer seit Mai 2006 & Chefredakteur von Uni-24.de
Geschäftsführer der Immocado UG (haftungsbeschränkt)